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Die Geschichte einer Begleitung, die schon vier Jahre dauert

Christina begleitete Sami* bereits, als es Mazay noch gar nicht gab. SONNE war das erste Wort, das er mit ihr lernte. Heute arbeitet Sami und ist selbständig.


Ich lernte Sami* im September 2016 kennen. Er lebte da erst seit ein paar Wochen in der Kollektivunterkunft Viktoria in Bern, war erst seit ein paar Monaten in der Schweiz. Ich habe mich als Deutschtandemlehrerin beworben und Sami wurde mir als Schüler zugeteilt.

Sami sprach kein Deutsch, auch kein Englisch. Doch bei unserem ersten Treffen erzählte er mir von seinem Zuhause, er redete mit den Händen, mit Mimik, er zeigte mir ein Foto von seiner Familie.


Beim nächsten Treffen war er schweigsam, scheu und still, obwohl es darum ging, eine Sprache zu lernen. Ich brachte ihm mit Hilfe von Memory-Karten deutsche Wörter bei. Das erste Wort war SONNE. Weitere folgten: HAUS, BAUM, KATZE, MENSCH. Er schrieb sie alle in sein Heft, erst in seiner Muttersprache, dann in Deutsch. Ich forderte ihn auf, die Wörter laut zu sagen, ich sagte sie ihm vor. Er kannte das lateinische Alphabet, er lernte schnell, besonders lesen, doch von sich aus sprach er selten. Er antwortete oft mit einem Ja, was nicht hiess, dass er das Gesagte verstanden hatte. Er war sehr gut im Nichtbeantworten von Fragen. Es dauerte eine Weile, bis mir das bewusst wurde.


Wir trafen uns immer montags. Die Regelmässigkeit war uns beiden wichtig. Unsere Treffen wurden so zu einem festen Bestandteil in unserem ansonsten so verschiedenen Alltag. Wir sassen in den Glashäusern des Botanischen Gartens, an bunten Plastiktischen unter Bananenbäumen. Dort war es bei jedem Wetter warm und still, dort war es uns beiden sehr wohl.


Wir kannten uns zwei Jahre, da kam er zum erstem Mal von sich aus auf mich zu. Er wollte seine gemeinnützige Arbeit wechseln. Ich half ihm dabei, übersetzte und vermittelte. Immer mehr wurde das zu meiner Ausgabe; das Vermitteln, Übersetzen, Erklären. Besonders das Erklären der Abläufe Schweizer Behörden.


Es sind jetzt gute vier Jahre vergangen, seit ich Sami zum ersten Mal gesehen habe. Er ist weg von der Asylsozialhilfe, er arbeitet jetzt als landwirtschaftlicher Mitarbeiter auf einem Bio-Bauernhof. Bis dahin war es ein langer Weg – lang und streng, aber auch spannend und schön. Ich möchte diese Erfahrung in meinem Leben nicht missen.


*Name im Text geändert. Sami nahm 2018 am ersten Mazay-Kurs teil. Seither sind die beiden Teil unserer Gruppe.

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